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05.04.2020: Nachtrag zur Verleihung des "Rheinlandtalers" an Hein Engelhardt - Rede des LVR

Nun ist besagte Verleihung des Rheinlandtalers genau einen Monat her und wie bereits angekündigt, möchte ich Euch, meinen treuen Lesern, die vollständige Rede der stellvertretenden Vorsitzenden des LVR nicht vorenthalten.
(Die Veranstaltung war ja nicht öffentlich und nur für geladene Gäste).

Ich habe jedoch die Erlaubnis des LVR den gesamten Text (Teamwork des LVR) hier zu veröffentlichen - vielen Dank an den LVR und vorallem an Fr. Karin Schmitt-Promny und Evelyn Stolberg (bei der Rede galt das gesprochene Wort - hier der geschriebene Text)


Presseinformation
 
Es gilt das gesprochene Wort!
 
Rede für
Frau Karin Schmitt-Promny M.A.,
stellvertretende Vorsitzende der
Landschaftsversammlung Rheinland,
zur Verleihung des Rheinlandtalers
in der Kategorie „Kultur“ an
Herrn Heinrich Engelhardt
am Donnerstag, 5. März 2020, 16 Uhr,
im Weißen Saal des Rathauses der Stadt Aachen

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Philipp,  sehr geehrter Herr Städteregionsrat Dr. Grüttemeier,  sehr geehrter Herr Dr. Pfeil MdL,

liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Landschaftsversammlung Rheinland sowie dem Rat der StädteRegion Aachen, 

vereehrte Damen und Herren,  aber insbesondere darf ich heute Herrn Heinrich Engelhardt und seine Familie begrüßen,
 
Hein Engelhardt, offiziell Heinrich Engelhardt, wurde 1927 geboren. Seine Wiege stand am ersten mittelalterlichen Stadtbefestigungsring, am Templergraben. Er hat drei Kinder, sieben Enkelkinder und kann auf ein reiches Leben zurückblicken. Wir ehren ihn heute wegen seiner besonderen Verdienste um die Mundart, in Aachen nennt man sie: Öcher Platt.  
 
Hein Engelhardt ist heute der Autor dieser Sprache. Denn lassen Sie uns das gleich zu Anfang festhalten: Ein Dialekt ist eine Sprache! Jeder Dialekt hat seine Besonderheiten. Der Aachener zeichnet sich etwa durch seine Nähe zum Niederländischen aus. Dazu später mehr.
 
Aber: Schon vor dem Zweiten Weltkrieg war es in der alten Reichsstadt Aachen keine Selbstverständlichkeit mehr, dass jeder und jede automatisch den Dialekt erlernte. Denn der Dialekt war in Verruf geraten, er galt als Indikator geringer Bildung und sozialer Benachteiligung. Umso bemerkenswerter ist es, dass der kleine Hein sich den Dialekt aneignete, wenn auch damals sicherlich noch nicht mit dem Ziel, einmal Dialektautor zu werden.  
 
Hein Engelhardt hat seine Sprachbiographie einmal so beschrieben:  
 
„Wenn die Erwachsenen, meine Großeltern, meine Mutter und auch die Kunden meines Großvaters sich unterhielten, geschah dies immer nur in Öcher Platt. Ich nahm alles auf und lernte mit der Zeit auf diese Art das Öcher Platt. Damals war Platt verpönt […].“ 

Wie folgt bringt er es auf den Punkt: „Ich han et afjespenkst!“  
 
Seine eigentliche Karriere als Mundartautor begann erst viele Jahrzehnte später, eigentlich erst um die Zeit seiner Pensionierung. Vorher war er als Bänker tätig. Allerdings hat er schon früher, etwa Ende der 1950er Jahre, damit begonnen, Dialekttexte zu verfassen. Er schrieb für Familienfeiern, er schrieb, wenn ihn andere darum baten.  
 
Mit seiner Pensionierung legte Hein Engelhardt richtig los und er entwickelte sich zu einem sehr kreativen sowie ungewöhnlich produktiven Dialektautor. Immer wieder zu lesen ist, dass er mehr als 2.500 Gedichte im Öcher Platt verfasst habe: Eine außergewöhnliche Zahl!  Außer lyrischen und gereimten Texten legte er eine beachtliche Reihe von Büchern und CDs vor, er schrieb Kurzgeschichten, Liedtexte und Sketche und er übersetzte aus dem Hochdeutschen. Außerdem – das ergibt sich ja noch nicht als Selbstverständlichkeit aus einer solch reichen Produktion – entwickelte er sich zu einem beim Aachener Publikum ungemein geschätzten „Performer“. Wer Hein Engelhardt auf der Bühne nicht erlebt hat, hat etwas verpasst.
 
Von seinen Büchern sei als Beispiel „Deä klenge Prinz“ genannt, 2018 erschienen. Es handelt sich um die Übersetzung des Werkes von Antoine de Saint-Exupéry ins Aachener Idiom. Lesen Sie es und Sie werden selbst entdecken, wie dieses weltweit bekannte Werk seinen Zauber auch in der ureigenen Sprache Aachens entfaltet. Aber vermutlich haben die meisten hier im Weißen Saal des Aachener Rathauses „Deä klenge Prenz“ längst für sich entdeckt.
 
Ein anderes Buch des zu Ehrenden trägt den Titel: „Öcher Tüen än Öcher Leäve“. Also (übersetzt): „Aachener Töne und Aachener Leben“. Es handelt sich um einen Gedichtband, dessen Erlös an den Aachener Verein Familienhilfe e. V. und ein Straßenkinderheim in Ecuador ging. Der Untertitel dieses Bandes lautet: „Rümmsel en Öcher Platt“. „Rümmsel“ – das ist ein für den Aachener Dialekt typisches Wort, das auch in den Werken Hein Engelhardts eine große Rolle spielt; dazu will ich gleich noch etwas mehr sagen.

Der Verein „Öcher Platt“ weiß, was er an Hein Engelhardt hat. In den Publikationen dieses großen Mundartvereins begegnet man seinen Texten immer wieder. Die Vereinsmitglieder, also die Enthusiastinnen und Enthusiasten Aachener Sprache, schätzen ihren Autor sehr.  Liedtexte verfasste Hein Engelhardt unter anderem für die Aachener Liedertafel oder die Gruppe „Capella a capella“. Von ihm stammen auch die drei mundartlichen Strophen, die die lateinische Stadthymne „urbs aquensis“ ergänzen.
 
Als eine der zahlreichen Veranstaltungen, die von Hein Engelhardt gestaltet oder getragen wurde, sei an den Benefiz-Abend im „Forum M“ im November 2012 erinnert. 300 Gäste haben damals den Abend von der ersten bis zur letzten Minute genossen. Das Thema der Veranstaltung lautete „Liebe“ – im Öcher Platt „Lejjvde“ [Aussprache: Leyfde]. Aachen verdankt dieses Wort dem Niederländischen.   
 
Was veranlasst einen Menschen dazu, seine Zeit dem Dialekt zu widmen und seine Energie in Gedichte und Liedtexte umzuwandeln?  Hein Engelhardt hat einmal, von einem Aachener Magazin dazu befragt, folgendes gesagt:  
 
„Ich kann mich in Hochdeutsch ausdrücken, aber das Öcher Platt hat so viel Seele und bietet die Möglichkeit, sich auf vielfältige Weise auszudrücken und die Dinge auf den Punkt zu bringen. Im Hochdeutschen braucht man dazu häufig mehr Worte.  […] Es sind die Bilder im Kopf, die von Sprache ausgelöst oder aufgerufen werden, die uns unser Platt so liebenswürdig machen und das Herz ansprechen.“
 
Zitat Ende.
 
Das Aachener Platt ist eine ganz eigenartige Sprache. Es gehört wie das Kölsche zur großen Gruppe der „ripuarischen“ Dialekte. Sie sind weder niederdeutsch noch hochdeutsch. Im Rahmen einer neuen Dialekteinteilung wurde dieser Dialektraum kürzlich als „Westdeutsch“ bezeichnet. Innerhalb dieses Dialektraums wäre das Aachener Platt dann „westliches Westdeutsch“ mit deutlichen Bezügen zum Niederländischen.
 
Ein Beispiel: Als Thema des eben erwähnten Benefiz-Abends im „Forum M“ habe ich „Lejjvde“ [Aussprache: Leyfde] genannt, standarddeutsch „Liebe“. Im Niederländischen spricht man in diesem Fall von „liefde“. Die Wortbildung – mit Hilfe des Elements -de – ist dieselbe.  
 
Auch das berühmte Öcher „mech“ verweist aufs Niederländische. Wo das Hochdeutsche zwischen „mir“ und „mich“ differenziert, hat das Niederländische stets „mij“ [Aussprache mey], das Öcher Platt hat einheitlich „mech“. Entsprechend sind im Hochdeutschen Aachener Art auch schon mal Sätze zu hören wie „Gib mich mal den Zucker!“  Die Sprachgeschichtsforschung weiß, dass dem einfachen „mech“ in Aachen einst zwei unterschiedliche Formen zugrundegelegen haben. Aber die Aachener haben diesen Dualismus reduziert – weil ihre niederländischen Nachbarn ihnen das vorgemacht haben.
 
Eben erwähnt, habe ich das Wort „Rümmsel“. Hein Engelhardt nennt manche seiner Texte so. In diesem Wort steckt „rümme“, was im Aachener Dialekt „reimen“ bedeutet. Das Ergebnis des Reimens nennt sich in Aachen „Rümmsel“: Ein „Rümmsel“ kann ein Vers sein, das kann aber auch eine gereimte Erzählung sein. Und wie im Rheinland zu erwarten, lässt sich dieses Wort wieder verkleinern oder verniedlichen: „et Rümmselche“. Der Vollständigkeit halber sei noch nachgetragen, dass „rümme“ in Aachen nicht nur „reimen“ bedeuten kann, sondern auch „räumen“. Das Öcher Platt ist eben nicht nur ein Dialekt des Deutschen, sondern auch eine richtige Sprache.  
 
Für seine Verdienste um die Mundart, also um die Sprache Aachens, ist Hein Engelhardt bereits mehrfach ausgezeichnet worden. Er ist Träger des ThouetMundartpreises der Stadt Aachen, geehrt wurde er ferner mit der Goldenen Feder des Vereins Öcher Platt und mit dem Goldenen Siegel der Stadt Aachen. Hein Engelhardt gehört auch zu den Trägern des Ponttor-Ordens.  
Gegenüber einer Aachener Tageszeitung hat der heute zu Ehrende einmal gesagt:  
 
„Ich möchte [mit meinen Dialekttexten] einen Beitrag zum Fortbestand der Mundart leisten“.  
 
Hein Engelhardt hat dies auf sehr „ansprechende“ Weise getan, um der Mundart eine Zukunft zu geben. Das ist einen Rheinlandtaler definitiv wert!
 
Lieber Herr Engelhardt, wir sind nicht die ersten und bleiben sicher auch nicht die letzten, die Ihr Verdienste würdigen. Ganz herzlich verleihe ich Ihnen im Namen des Landschaftsverbandes Rheinland als Ausdruck des Danks und der Anerkennung den Rheinlandtaler für Ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement.  
 
Ich darf Sie nun hierfür nach vorne bitten…"

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